Rechtzeitig erkannt, ist Brustkrebs gut heilbar. Erfahre, wie eine umfassende Brustkrebsvorsorge aussieht und was die BKK ProVita übernimmt.

Jede achte Frau erhält im Laufe ihres Lebens die Diagnose Brustkrebs – das klingt erst einmal besorgniserregend. Aber: Rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die Heilungschancen bei dieser Krebsart gut – deshalb ist die Brustkrebsvorsorge unerlässlich. Neben der Tastuntersuchung bei Frauenärzt:innen und der Mammografie können Frauen ergänzend auch die Tastuntersuchung „Discovering Hands“ wahrnehmen. Alle wichtigen Informationen zur bestmöglichen Vorsorge haben wir im Text zusammengestellt.

Brustkrebs ist zwar mit etwa 30 Prozent aller Krebsfälle die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland, aber nicht die gefährlichste. Denn rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die meisten Erkrankungen heilbar. Die Betonung liegt hier auf „rechtzeitig“. Je früher ein Karzinom im Brustgewebe festgestellt wird, desto größer die Heilungschancen. Im Rahmen der frauenärztlichen Vorsorgeuntersuchung sollte sich jede Frau ab 30 Jahren einmal im Jahr die Brust abtasten lassen. Für 50- bis 75-Jährige kommt im Zwei-Jahres-Turnus eine Brust-Mammografie dazu. Zusätzlich bietet die BKK ProVita allen Frauen ohne Altersbeschränkung einmal pro Jahr die ergänzende Tastuntersuchung „Discovering Hands“ an: Speziell ausgebildete blinde und sehbehinderte Frauen erfühlen dank ihres überragenden Tastsinns rund 30 Prozent mehr Gewebeveränderungen als Ärzt:innen. Außerdem sollte es für jede Frau ein regelmäßiges Ritual sein, ihre Brust auf ungewöhnliche Verhärtungen abzutasten. Fachleute sprechen bei einem Mammakarzinom von einem derben, nicht verschiebbaren Knoten, der von der Frau selbst erspürt werden kann.

Gesundheitstipp Tastuntersuchung
Ab sofort übernehmen wir die Kosten der Tastuntersuchung im Rahmen der Brustkrebsvorsorge unseres Partnerunternehmens „Discovering Hands“ für unsere Versicherten einmal im Kalenderjahr. Alle Infos findest du online.

Spürbare Vorsorge: „Discovering Hands“

Die Brustkrebs-Früherkennung „Discovering Hands“ ist eine medizinische Tastuntersuchung, die von speziell ausgebildeten
blinden und sehbehinderten Frauen durchgeführt wird. Die Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTU) haben die Fähigkeit
und Ausbildung, bereits kleinste Gewebeveränderungen zu erkennen und genau zu lokalisieren. Veränderungen können somit
schneller erkannt und schonender behandelt werden. Die Vorsorge der MTU ist eine qualitativ hochwertige Ergänzung der jährlichen
Tastuntersuchung durch den Facharzt oder die Fachärztin, ersetzt diese aber nicht. Die Untersuchung durch die MTU eignet sich
insbesondere für Frauen, bei denen aufgrund ihres familiären Risikos oder anderer Faktoren ein erhöhtes Brustkrebsrisiko besteht.
Versicherte der BKK ProVita können nach fachärztlicher Überweisung einen Termin bei einer der teilnehmenden Praxen
oder Kliniken vereinbaren. Die Abrechnung erfolgt bequem über deine Gesundheitskarte.

So ist eine Brust aufgebaut

Um beim Abtasten der Brust Veränderungen zu entdecken, ist es hilfreich zu verstehen, wie und wo diese auftreten können. Ein Querschnitt durch die weibliche Brust.

Groß, klein, schmal, füllig – die weibliche Brust ist von außen so individuell wie die Frau selbst, zu der sie gehört. Form und Größe der weiblichen Brust sind genetisch festgelegt. Der innere Aufbau der Brust besteht aus Drüsengewebe sowie Fett- und Bindegewebe. Das Drüsengewebe ist sternförmig um die Brustwarze angeordnet, zu ihm gehören Drüsenläppchen und etwa 15 bis 20 Milchgänge pro Brust. Die Drüsenläppchen bilden nach der Geburt eines Babys Muttermilch, die durch die Milchgänge zur Brustwarze geleitet wird. Kurz vor der Brustwarze haben die Milchgänge kleine Ausdehnungen, die Milchsäckchen, die beim Stillen eine wichtige Pumpfunktion erfüllen.

Je früher Veränderungen erkannt werden, desto besser“

Eins, zwei, drei und rechts herum. Oder links weiter. Und von vorne. Eins, zwei, drei … Was sich anhört wie die Generalprobe des Auftaktwalzers von Tanzschüler:innen vor ihrem großen Abschlussball, beschreibt die Tätigkeit von Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTU). Dass es für die Tastuntersuchung zur Brustkrebsfrüherkennung mehr als nur Fingerfertigkeit braucht, erzählt Feliz Demir im Interview. Die 49-Jährige ist seit 2014 als MTU für „Discovering Hands“ im Einsatz.

Interview

Frau Demir, wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, sich zur MTU ausbilden zu lassen?
Ich war früher Buchhalterin, nach meiner vollständigen Erblindung war das aber nicht mehr machbar. Dann bin ich über die Webseite der Berufsförderungswerke auf „Discovering Hands“ gestoßen und habe mich beworben. Ich wurde zu einem dreitägigen Assessment eingeladen, das offenbar ganz gut geklappt hat. Meine Ausbildung zur MTU habe ich in Nürnberg im Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte durchlaufen und im Anschluss gleich eine Anstellung als MTU in einer Gynäkologiepraxis in Duisburg gefunden.

Welche Voraussetzungen – neben den körperlichen – sollten Frauen mitbringen, wenn sie sich zur MTU ausbilden lassen möchten?
Die soziale Komponente und Empathie sind ganz wichtig. Außerdem sollte man einen Draht zu den medizinischen Inhalten haben. Auch eine gewisse Mobilität sollte eine MTU mitbringen, um an mehreren Standorten einsetzbar zu sein.

Bei „Discovering Hands“ ist der Name ja Programm. Wie genau läuft die Entdeckungsreise Ihrer Hände ab?
Die Untersuchung dauert bis zu einer Stunde und beginnt mit einem Anamnese-Gespräch. Dabei fragt die MTU nach Vorerkrankungen, familiären Vorbelastungen oder anderen Risikofaktoren. Dann macht die Patientin – oder auch der Patient, denn Männer können ebenfalls an Brustkrebs erkranken – den Oberkörper frei, damit die MTU vom Hals beginnend abtasten kann. Wenn in diesem Bereich ein Lymphknoten geschwollen ist, kann das harmlose Ursachen haben. Manchmal reicht eine kleine Entzündung der Haut, was schon mal beim Rasieren der Achseln passieren kann.

Was ist neben Schwellungen noch ertastbar?
Der Temperaturunterschied. Liegt eine Entzündung vor, ist das Gewebe an der entsprechenden Stelle wärmer. Wir ertasten Quadrant für Quadrant, um mögliche Veränderungen zu finden. Im nächsten Schritt legt sich die Patientin auf den Rücken, und die MTU bringt Klebestreifen auf dem Oberkörper der Frau an. Diese dienen unserer Orientierung und Dokumentation. Ein Streifen wird über das Brustbein gelegt, einer über die horizontale Linie, die über die Brustwarzen verläuft. Und ein weiterer Streifen direkt unter dem Arm, von einer Seite zur anderen. Und dann geht der Walzer los.

Sie tasten im Dreivierteltakt?
Wir nennen es den MTU-Walzer, weil wir einem vorgegebenen Schema folgen, das ein bisschen an einen Walzer erinnert. Die Untersucherin dreht dabei jeweils mit dem Zeige- und Mittelfinger drei Kreise an derselben Stelle. Sie geht dabei in einer Abwärtsspirale vor und bohrt sich jedes Mal weiter in das Gewebe hinein. Bei der ersten Drehung erspürt sie das oberflächliche Gewebe, dann das mittlere und bei der dritten Runde geht sie dann tief ins Gewebe hinein. Anschließend geht sie mit beiden Fingern um einen Zentimeter nach links oder rechts, startet die drei Drehungen erneut und so weiter. Das macht sie ganz systematisch, von Markierung zu Markierung, von Reihe zu Reihe. Am Ende ertastet sie noch das Gewebe unterhalb der Brustwarze, weil dort die Milchgänge liegen.

Tut das weh?
Im seitlichen Bereich sind manche Frauen empfindlicher, da kann es etwas unangenehmer sein. Aber da wir bis zu einer Stunde Zeit haben und in dieser besonderen Atmosphäre miteinander arbeiten, kann die Frau jederzeit auch Fragen stellen. Es ist also ausreichend Gelegenheit, um auf Ängste der Patientin einzugehen. 

Wonach genau suchen Sie?
Wir suchen nicht einen einzelnen Befund. Wir spüren es, wenn sich etwas anders anfühlt als der ganze Rest, wenn etwas nicht ins Gesamtbild passt. Auch für uns ist das ein Herantasten, denn jede Brust fühlt sich anders an. Wenn wir etwas Verdächtiges oder Unklares erfühlt haben, übernimmt der Gynäkologe oder die Gynäkologin direkt anschließend für weitere Untersuchungen.

Haben Frauen die Wahl zwischen der frauenärztlichen Untersuchung und der taktilen Untersuchung ihrer Brust?
Nein, keinesfalls. Uns ist es sehr wichtig zu betonen, dass das Angebot von „Discovering Hands“ die anderen Maßnahmen zur Brustkrebsfrüherkennung nicht ersetzt, sondern ergänzt. Es gibt nicht die eine hundertprozentig sichere Methode. Eine bestmögliche Brustkrebsvorsorge basiert auf drei Säulen: gründliches Abtasten, Brustultraschall und Mammografie ab 50 Jahren. Brustkrebs ist der am besten zu behandelnde Krebs. Solange Krebszellen die Brust nicht verlassen haben, ist Brustkrebs sehr gut behandelbar. Je früher Veränderungen erkannt werden, desto besser.

Sie leiten Frauen auch individuell an, die Brust monatlich selbst zu untersuchen. Viele Frauen mögen es nicht, sich selbst abzutasten. Woran liegt das?
Einerseits an der Angst, etwas zu finden. Andererseits sind Frauen oft unsicher, ob sie denn überhaupt ertasten würden, wenn da was wäre. Den Satz „Ich würde das eh nicht finden“ habe ich schon von so vielen Frauen gehört. Dabei geht es genau darum: das eigene Gewebe selbst kennenzulernen. Das braucht aber Zeit und Geduld!

Haben Sie einen Tipp für die Frauen, sich besser an die Brust heranzutasten?
Ich kann jeder Frau nur Mut machen: Mit jedem Mal gewinnt man mehr Sicherheit. Sie sollte sich darauf einlassen und erkennen, dass die Tastuntersuchung ein wichtiger Baustein der Brustkrebsfrüherkennung ist. Vielleicht kann ich das an einem Beispiel erklären: Als ich noch sehend war und vorausschauend die Blindenschrift erlernen wollte, habe ich mich damit schwergetan. Wir sind ja gut im Verdrängen. Nach meiner vollständigen Erblindung ging das dann aber ganz schnell. Ich habe innerlich einen Schalter umgelegt und mich von da an auf meine Finger verlassen.

Frau Demir

Dieser Beitrag erschien zuerst in einer Kurzfassung in unserem MAGAZIN fürs LEBEN, Ausgabe 2/2024. Unser Mitgliedermagazin erscheint dreimal im Jahr und bietet dir viele spannende Themen. Jetzt die aktuelle Ausgabe online lesen!

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