Doppelt gut: Yoga zur Entspannung und als Sport
Claudia Scheiderer · · Familie · 5 Min. Lesezeit
Yoga ist mehr als ein Trend | Interview mit Patrick Broome
Yoga ist mehr als ein wachsender Trend: Yoga-Übungen wie der „Sonnengruß“ sind ideal zur Stärkung unserer Wirbelsäule und sorgen für mehr Beweglichkeit und Entspannung – in jedem Alter. Außerdem eignet sich Yoga perfekt als Ergänzungssport.
Unser Beitrag will aufklären, was Yoga so speziell macht – und enthält ein Interview mit Yoga-Profi Patrick Broome.
Kopfstand, Schulterstand und schwierige Verrenkungen – muss alles nicht sein, wenn es darum geht, mithilfe von Yoga etwas für unsere Gesundheit zu tun. Dass Yoga vor allem auch gegen Stress und somit in der Folge für unsere Immunabwehr, unser Herz-Kreislauf-System und unsere ausgeglichene Psyche wirkt, ist wissenschaftlich bewiesen: Dr. Karin Matko, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Allgemeine und Bio-Psychologie an der Technischen Universität Chemnitz, sowie ein großes Forschungsteam fanden bei einer Meta-Synthese von 330 Studien heraus, dass vor allem „die Kombination aus Yoga und Meditation besonders hilfreich zu sein“ scheint.


Bei sanften Yogaarten wird der Aktivitätsnerv Sympathikus heruntergefahren, der Blutdruck sinkt und wir nehmen einfach eine entspannte Haltung allen Dingen gegenüber ein. Aber auch als Vor-, Nach- und Ergänzungssport sind Sonnengruß & Co. ideal, da unsere Muskeln und Bänder sanft gedehnt und bis in die Faszien stimuliert werden, wie Dr. Patrick Broome aus eigener Erfahrung weiß: Er begann vor langer Zeit mit Yoga und trainiert heute unter anderem die deutsche Fußball-Nationalmannschaft.

Interview mit Patrick Broome
Kannst du dich an deine erste Yogastunde erinnern?
Das ist über 30 Jahre her. Aber ich weiß noch, dass mir Yoga schwergefallen ist – und sich gleichzeitig sehr vertraut anfühlte. Sehr verwirrend. Trotzdem war mir klar, dass es mich in Zukunft beschäftigen würde …
Du unterrichtest heute unter anderem Profisportler:innen, bekannt bist du als Yogalehrer der deutschen Fußballnationalmannschaft und von Bundesliga-Spieler:innen. Wie profitieren Sportler:innen von Yoga?
Am Tag nach dem Spiel behandeln wir immer zuerst die Faszien. Danach gibt es eine Yogastunde zur Entspannung des Körpers und vor allem auch zum mentalen Runterkommen. Das ist extrem wichtig.
Ist es besser, vor oder nach dem Sport Yoga zu machen?
Yoga ist kein Herz-Kreislauf-Training. Besser ist es daher, nach dem Training seine angespannte Muskulatur in einer Yogastunde wieder zu lockern.
Wie kann Yoga einseitige Sportarten wie Fußball oder Klettern ausgleichen?
Man kann gezielt dehnen: beim Fußball etwa Waden, Bein-Rückseiten, Hüfte und unteren Rücken; beim Klettern die Brust „öffnen“. Aber besser ist eine komplette Yogastunde, um den Körper ganzheitlich zu weiten und zu entspannen.
Yoga ist nicht nur ein guter Ergänzungssport, sondern auch anerkannte Gesundheitsvorsorge. Welche Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Yoga sprechen dich vor allem an?
Es ist die Rolle des Atems, die aktuell erforscht wurde. Die Frage war, woher eigentlich – neben den anderen positiven Aspekten – das Wohlgefühl nach dem Yoga kommt. Es ist die verlängerte Ausatmung. Das wirkt direkt auf unser Nervensystem.
Kannst du uns eine Yoga-Übung nennen, die Schulkindern beim Entspannen hilft?
Erst sollten sich die Kinder austoben können. Danach mit einfachen Atemübungen einsteigen, z. B. Augen schließen und „beobachten“, wie die Atemwege ein- und ausatmen.
Welche Yogaarten sind für Kinder und alte Menschen besonders geeignet?
Es gibt spezielles Kinder-Yoga oder aber auch sanftes, ruhigeres Yoga für ältere oder geschwächte Menschen, etwa Kundalini- und Hatha-Yoga.
Für manche Übungen müssen Yogi und Yogini gelenkig sein. Welche kann man Ungeübten und Menschen empfehlen, die Probleme mit der Wirbelsäule, Rücken- oder Gelenkschmerzen haben?
Sie sollten ihre Beschwerden im Vorfeld mit ihrem/r Yogalehrer/-lehrerin besprechen und eher Einsteigerkurse besuchen.
Ist Yoga in der Schwangerschaft erlaubt?
Frauen, die schon immer Yoga gemacht haben, können bis kurz vor der Geburt Yoga machen – außer etwa Übungen in Bauchlage. Der Fokus sollte darauf liegen, den Körper sanft in Bewegung zu halten und in Verbindung mit dem Kind zu kommen.
Frauen, die schon immer Yoga gemacht haben, können bis kurz vor der Geburt Yoga machen – außer etwa Übungen in Bauchlage. Der Fokus sollte darauf liegen, den Körper sanft in Bewegung zu halten und in Verbindung mit dem Kind zu kommen.
Ein alter indischer Yogi erzählte einmal, dass die Atmung im Yoga – vor allem Kapalabhati Pranayama, die Feueratmung – ihn gesund hält. Wie funktioniert das?
Kapalabhati wirkt sehr stimulierend. Aber Achtung, wir im Westen sind oft eher über-erregt, verglichen mit einem indischen Mönch. Dann wirkt das kontraproduktiv.
Was machst du persönlich, wenn du gestresst bist und dich innerlich unruhig fühlst?
Momentan setze ich mich gerne zuerst auf ein stationäres Fahrrad (Anmerkung d. Red.: Heimtrainer) und mache anschließend ein paar einfache Yogaübungen. Danach kommt die Resonanz-Atmung, das ist eine Technik, bei der auf vier bis fünf Sekunden ein- und auf fünf bis sieben Sekunden wieder ausgeatmet wird. Anschließend gehe ich in die Stille und meditiere.
„Yoga kann nichts und doch alles“ – das Zitat stammt von dir. Was heißt das?
Yoga ist keine Schmerztablette. Aber Yoga bringt uns, über einen längeren Zeitraum praktiziert, wieder in Balance, körperlich wie seelisch.

„Yoga bringt uns wieder in Balance, körperlich wie seelisch.“
Dr. Patrick Broome, 54, ist Yogi, Yogalehrer und promovierter Psychologe. Seit seiner Ausbildung 1999 in New York gilt er als einer der bekanntesten Yogalehrer in Deutschland. Broome unterrichtet unter anderem die deutsche Fußball-Nationalmannschaft.
Leistung
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