Epigenetik: Wie Übergewicht eine frühe Pubertät auslöst

Teil 9 unserer Serie zur Epigenetik | Warum die Pubertät immer früher einsetzt

Heutzutage kann die erste Periode schon mit 10 Jahren stattfinden. Woher kommt es, dass die Pubertät immer früher einsetzt? Erläuterungen vom Epigenetik-Experten und Bestseller-Autor Dr. Peter Spork

In den industrialisierten Ländern setzt die Pubertät bei Mädchen schon seit vielen Jahrzehnten immer früher ein. Das ist nicht zuletzt deshalb ein Problem, weil damit auch ein erhöhtes Risiko einhergeht, im Laufe des Lebens an Brustkrebs zu erkranken. Schon länger vermutet man, dass die Ernährung eine wichtige Rolle bei diesem Trend spielt, denn übergewichtige Mädchen kommen früher in die Pubertät und die Zahl übergewichtiger Kinder nimmt in Industrieländern stetig zu. Jetzt gelang es Forschern aus Spanien und den USA in Experimenten mit Ratten das epigenetische Bindeglied zwischen der Überernährung in der Kindheit und dem verfrühten Einsetzen der Pubertät dingfest zu machen.

Molekularbiologische Reaktion bleibt bei Überernährung aus

Danach sorgt Überernährung dafür, dass im Hypothalamus genannten Teil des Zwischenhirns ein notwendiger epigenetischer Prozess unterbunden wird. Normalerweise verhindert eine kalorienarme oder ausgewogene Ernährung, dass ein bestimmtes Gen namens Kiss1 in den beteiligten Nervenzellen zu früh abgelesen werden kann. Bei Überernährung bleibt die molekularbiologische Reaktion aus, das Gen wird vorzeitig aktivierbar und schließlich auch abgelesen. Das löst den Beginn der Pubertät aus.

Die Forscher folgern, man solle in Zukunft noch mehr auf eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung bei jungen Mädchen achten, um einem verfrühten Pubertätsbeginn und dem Anstieg des Brustkrebsrisikos frühzeitig entgegenzuwirken.

Diese Maßnahme könnte übrigens nicht nur das Brustkrebsrisiko senken: Schon im Jahr 2014 legte eine Studie der Oxford-University nahe, dass Mädchen, die bei ihrer ersten Periode zehn Jahre oder jünger sowie 17 Jahre oder älter sind, später im Leben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.


Quelle:

Maria J. Vazquez et al.: SIRT1 mediates obesity- and nutrient-dependent perturbation of pubertal timing by epigenetically controlling Kiss1 expression. Nature Communications 9, 10.10.2018, doi: 10.1038/s41467-018-06459-9.

Dieser Beitrag ist zuerst im Newsletter Epigenetik erschienen und wurde als 9. Teil der Epigenetik-Serie für unseren Blog in einer autorisierten, leicht gekürzten Version übernommen.


Epigenetik - Warum Gesundheit kein Zufall ist

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„Gesundheit ist kein Zufall“ heißt der Vortrag, den er 2019 für die Belegschaft der BKK ProVita hielt und den wir aufzeichnen durften.

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Peter Spork

Dr. rer. nat. Peter Spork ist seit 30 Jahren freier Wissenschaftsautor. Im Spiegel-Bestseller „Gesundheit ist kein Zufall“ entwickelt er einen neuen Gesundheitsbegriff als generationenüberschreitenden Prozess. 2009 veröffentlichte er das erste allgemeinverständliche Buch über Epigenetik Der zweite Code. Seit 2010 gibt er den Newsletter Epigenetik heraus. (Autorenfoto: Thomas Duffé)